Patientenverfügung

Was ist, wenn einen Menschen unerträgliche Schmerzen quälen, wenn keinerlei Aussicht auf Heilung mehr besteht, wenn der Mensch nicht mehr in der Lage ist, über eine weitere Behandlung selbstbestimmt zu entscheiden?
Was ist, wenn ein Mensch durch einen Unfall oder einen Schlaganfall ganz plötzlich in ein Wachkoma fällt oder auch durch eine schwere, unumkehrbare Krankheit derart geschwächt ist, dass er seinen freien Willen nicht mehr selber äußern kann?
Für viele Angehörige von Sterbenskranken oder Komapatienten kommt ein vorzeitiges Ende nicht in Frage. Sei es, weil die Hoffnung nicht aufgegeben werden will, sei es weil die Angehörigen den mutmaßlichen Willen des Betroffenen nicht kennen, und sie deshalb keine Entscheidung für ihn treffen wollen.

Was ist ein vorzeitiges Ende, und wie lange sollen lebenserhaltende Maßnahmen aufrecht erhalten werden?
Welche Maßnahmen sollen ergriffen oder nicht ergriffen werden? Sollte an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden?
Welche lebenserhaltenden Maßnahmen sind noch im Sinne des Betroffenen? Sollte eine Magensonde gelegt werden?

Kann der Betroffene seinen Willen nicht mehr frei äußern und hat der Betroffenen auch keine schriftliche Patientenverfügung hinterlassen, muss nach geltendem Gesetz der mutmaßliche Wille des Betroffenen ermittelt werden.

Was aber ist der mutmaßliche Wille? Bislang gibt es für diese Ermittlung noch keine vom Gesetzgeber festgelegten klaren Regeln.
Erkennen also die behandelnden Ärzte den von den Angehörigen oder von den Betreuern ermittelten "vermeintlichen Willen" nicht an, müssen Gerichte über den Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen entscheiden.
Die Entscheidung der Gerichte ist mangels einer vorliegenden schriftlichen Patientenverfügung wiederum sehr problematisch, weil selbst nachweisbare und ernstzunehmende Meinungsäußerungen des Betroffenen nicht die Qualität einer schriftlich im Rahmen einer Patientenverfügung festgehaltenen Erklärung haben, so dass die Gerichte sich im Zweifel gegen einen Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen entscheiden.

Mein Fazit: Die rechtzeitige Anfertigung einer individuellen Patientenverfügung ist deshalb und derzeit noch die beste Möglichkeit, um seinen Angehörigen oder Betreuern nicht die Verantwortung für sein Lebensende aufzubürden, sondern sein würdevolles Ende selbst zu bestimmen.

Für in Spanien lebende Residenten ist eine Patientenverfügung (manifestación anticapada de voluntad) bereits gesetzlich geregelt.
Es gibt zwar für jede Provinz unterschiedliche gesetzliche Regelungen, jedoch speichert ein Zentrales Nationales Register, das Registro Nacional de Instrucciones Previas, sämtliche Patientenverfügungen, sodass alle vorgenommenen Verfügungen im gesamten spanischen Hoheitsgebiet trotz unterschiedlicher Formvorschriften ihre Wirksamkeit beibehalten und zur Kenntnis gelangen können.
Achtung: Eine deutsche Patientenverfügung ist entgegen landläufiger Meinung für Ärzte und Behörden nicht rechtlich bindend, da sie nicht in spanischer Sprache abgefasst ist und im Regelfall die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht einhält.

Um sicherzustellen, dass wirklich Ihr eigener Wille berücksichtigt wird, wenn Sie nicht mehr selbständig entscheiden können, müssen Sie im Voraus festlegen, welche Maßnahmen vorgenommen werden sollen und dürfen.
Sie erleichtern damit Ihren Angehörigen oder einem Betreuer die notwendigen schweren Entscheidungen.
Das spanische Gesundheitsministerium stellt dazu allgemein gültige Vordrucke kostenlos zur Verfügung.
Alle für die Kanarischen Inseln erhältlichen Vordrucke können Sie auf unserer Internetseite boulevard-online.com einsehen.
Wenn Ihnen diese Vordrucke zu allgemein erscheinen, wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie den Inhalt wirklich verstanden haben, dann sollten Sie sich an einen deutsch sprechenden Rechtsanwalt Ihres Vertrauens oder an einen Notar wenden. Dort können Sie eine Verfügungen im Rahmen der geltenden Gesetze nach Ihren Vorstellungen formulieren lassen.

Gehen wir davon aus, dass Sie sich der Vordrücke bedienen möchten.
Die einfachste Art der Absicherung ist, zum Beispiel den Lebenspartner oder ein Kind als Bevollmächtigten zu beauftragen:
Designación y Aceptación de Representantes (Die Bestimmung und die Annahme eines/r Bevollmächtigten)
Dazu benötigen Sie zumindest gute Grundkenntnisse der spanischen Sprache.
Grundsätzlich muss dabei bedacht werden, dass der Bevollmächtigte alle Entscheidungen nach eigenen Gutdünken treffen kann, selbst wenn diese Entscheidungen nicht im Interesse des Vollmachtgebers liegen sollte!

Die Vorgangsweise ist relativ einfach:
Ein Formblatt wird vor einem Funcionario (Beamter) der Gesundheitsbehörde ausgefüllt und unterschrieben:
Consejería de Sanidad
Secretaría General Técnica
Avda. Juan XXIII N° 17
35071 Las Palmas

Eine weitere Möglichkeit ist eine dezidierte Erklärung, welche wie vor ebenfalls vor einem Funcionario der Gesundheitsbehörde ausgefüllt wird.
Das Formblatt besteht aus mehreren Seiten, wo Sie für jede vorgegebene Situation eine anweisende Erklärung abgeben können.
Auch besteht die Möglichkeit, zum Beispiel zu postmortalen, ethischen, moralischen und religiösen oder anderen Erklärungen keine Angaben zu machen! In diesem Falle sollten Sie schon sehr genau die Fragen und Anordnungen verstehen können, ansonsten sollten Sie besser einen Übersetzer mitnehmen.
Ihre einmal getroffene Verfügung oder Vollmachterklärung können Sie jederzeit durch eine neue Verfügung oder Vollmacht bei der vorgenannten Stelle ändern oder aufheben.
Eine geänderte Verfügung ersetzt die vorhergehende Version vollständig. Daher müssen Sie auch diejenigen Punkte, die unverändert beibehalten werden sollen, wieder in die neue Version aufnehmen.

Nach der Registrierung der Willenserklärung erhalten Sie vom Registro eine Kennziffer.
Diese sollten Sie möglichst bei sich führen, denn so ist gewährleistet, dass sich nach deren Auffinden der Arzt oder das Krankenhauses, über den Inhalt Ihrer Verfügung informiert.

 

 

 

Bitte respektieren Sie unsere Arbeit!
Dieser Text unterliegt dem neuen spanischen Urheberrecht zum Schutz geistigen Eigentums! Das Gesetz stellt selbst kleinste Textzitate unter das Urheberrecht. Von der Neufassung des Gesetzes sind sogar Hyperlinks betroffen.
Betroffen sind sowohl wirtschaftlich betriebene Seiten, als auch private Blogs. Die reine Verlinkung reicht schon aus.
Dem Gesetz zufolge können selbst bei Nachrichten, Meinungstexten oder Unterhaltungsinhalten Gebühren verlangt werden.